Eltern trifft gegenüber ihren minderjährigen Kindern nach dem Gesetz eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung. Sie müssen daher notfalls auch eigentlich unzumutbare Arbeiten annehmen, um ihre Kinder finanziell zu unterstützen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, müssen sie sich die erzielbaren Einkünfte als sogenanntes fiktives Einkommen anrechnen lassen, nach denen sich dann die Höhe der jeweiligen Unterhaltspflicht bemisst.
Sind die Bewerbungsbemühungen eines Unterhaltspflichtigen nicht ausreichend und ist nicht feststellbar, dass erfolgreiche Erwerbsbemühungen aussichtslos gewesen wären, hat die Zurechnung eines fiktiven Einkommens zu erfolgen. Die Anrechnung des fiktiven Einkommens setzt jedoch weiter voraus, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte objektiv erzielbar sein müssen. Dies war im konkreten Fall zu verneinen, da bei dem unterhaltspflichtigen Vater laut Sachverständigengutachten wegen seines Gesundheitszustandes eine Arbeitsfähigkeit von lediglich täglich bis zu sechs Stunden bestand. Auch bei einer erfolgreichen Bewerbung hätte er daher das erforderliche Einkommen nicht erzielen können.

Beschluss des OLG Jena vom 19.03.2015
1 UF 637/14

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