Ja. Dabei müssen aber unbedingt zwei Fälle unterschieden werden:
- Verzicht auf den Pflichtteil zu Lebzeiten des Erblassers
- Verzicht auf den Pflichtteil nach dem Tode des Erblassers
Diese Unterscheidung ist dringend notwendig, da die formellen Voraussetzungen, welche an einen Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten des künftigen Erblassers gestellt werden, wesentlich höher sind. Während ein Pflichtteilsverzicht nach dem Tode des Erblassers formlos also grundsätzlich sogar mündlich möglich ist, muss ein Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten des Erblassers in notariell beurkundeter Form geschlossen werden.
Zu beachten ist aber stets, dass es sich bei einem Pflichtteilsverzicht nicht um eine einseitige Erklärung des Verzichtenden handelt, sondern um einen Vertrag zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erblasser bzw. im Falle des Verzichts nach dem Tode um einen Vertrag zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erben. Es müssen daher stets auch alle allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein, die an einen Vertragsschluss zu stellen sind (z.B. Geschäftsfähigkeit, Rechtsbindungswille, Angebot und Annahme etc.).
Während der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers durch die notarielle Formbedürftigkeit vor übereilten Entscheidungen geschützt wird, besteht für den Pflichtteilsberechtigten nach dem Tode des Erblassers eine nicht ganz unerhebliche Gefahr, dass er durch eine zu schnelle möglicherweise unbedachte Erklärung gegenüber den oder den Erben seinen entstandenen Anspruch auf den Pflichtteil entschädigungslos verliert.