Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat hingegen die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Das sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Dies ist in § 1687 Abs. 1 BGB geregelt.

Die Entscheidung, Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Masern und Pneumokokken vorzunehmen, ist nach Einschätzung des Amtsgerichts Darmstadt eine sogenannte Entscheidung des täglichen Lebens und kann von demjenigen sorgeberechtigten Elternteil, bei welchem das Kind sich gewöhnlich aufhält, daher alleine getroffen werden.

Im Gegensatz dazu ist die Entscheidung, ein Kind nicht impfen zu lassen, nicht mehr „alltäglich“ i.S.d. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die (möglichen) Folgen des Nichtimpfens sind gegebenenfalls derart gravierend, dass die Angelegenheit erhebliche Bedeutung erlangen kann. Insofern muss zwischen den sorgeberechtigten Eltern Einvernehmen hergestellt werden. Ist dies nicht möglich, muss das zuständige Familiengericht die Entscheidung treffen.

Beschluss des AG Darmstadt vom 11.06.2015

50 F 39/15 SO

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